Einschub, Steckmodul oder Festeinbau!? Was die EN 61439-1/2 tatsächlich sagt

Der Markt für Schaltgerätekombinationen ist heute geprägt von einer Vielzahl unterschiedlicher Bezeichnungen, Produktnamen und Marketingbegriffen. Was als «Einsatz», «Steckeinsatz», «Schubeinsatz» oder «Modul» verkauft wird, hat oft keinen normativen Hintergrund und unterscheidet sich je nach Hersteller erheblich. Genau hier entsteht ein Problem: Anwender vergleichen Produkte auf Basis von Fantasiebegriffen statt auf Grundlage der verbindlichen Norm EN 61439.

Auf vielfachen Wunsch aus unserer Community wird in diesem Bericht aufgezeigt, wie die Einbautechnologien nach EN 61439 tatsächlich definiert sind.

Normativer Hintergrund und Herstellerbezeichnungen

Grundsätzlich wird in der Norm nur zwischen Festeinbau, Einschub und herausnehmbaren Teilen
unterschieden. Bezeichnung wie Einsatz, Steckeinsatz oder Schubeinsatz sind Herstellerbzeichnungen
ohne normativen Hintergrund und ermöglichen einen entsprechenden Interpretationsspielraum.

Herausnehmbare Teile und Einschübe gemäss EN 61439-2 §8.5.2

Von herausnehmbare Teilen und Einschüben ist grundsätzlich die Rede, solbald die Betriebsmittel vom
Hauptstromkreis entfernt und/oder getrennt oder an ihn angeschlossen werden können, während
dieser Stromkreis aktiv ist. Durch eine Verrieglung muss sicherstellt sein, dass diese nur
herausgenommen und/oder wieder eingesetzt werden können, wenn der zugehörige Hauptstromkreis
unterbrochen ist


Einschub gemäss EN 61439-2 §8.5.2.101

Einschübe müssen über eine klare Betriebs, Prüf und Trennstellung verfügen. Sie müssen in
diesen Stellungen eindeutig fixiert werden. Diese Stellungen müssen eindeutig erkennbar sein.

Bild 1: SIVACON S8 Einschub-Stellung
Bild 2: SIEMENS SIVACON S8 HFD Bedienschlüssel

Drei-Buchstaben-Code nach EN 61439-2 §8.5.101

Die Art der elektrischen Verbindungen der Funktionseinheiten innerhalb der Energie-
Schaltgerätekombination oder von Teilen der Energie-Schaltgerätekombination kann durch einen Drei
Buchstaben-Code bezeichnet werden:

  • Der erste Buchstabe bezeichnet die Art der elektrischen Verbindung der Einspeisung des
    Hauptstromkreises
  • Der zweite Buchstabe bezeichnet die Art der elektrischen Verbindung des Abgangs des
    Hauptstromkreises
  • Der dritte Buchstabe bezeichnet die Art der elektrischen Verbindung der Hilfsstromkreise.
Bild 3: Drei-Buchstaben-Code

Folgende Buchstaben müssen verwendet werden:

F für feste Verbindungen
Definition: Verbindung, die durch ein Werkzeug hergestellt oder gelöst wird

D für lösbare Verbindungen
Definition: Verbindung, die ohne Werkzeug von Hand hergestellt oder gelöst wird

W für geführte Verbindungen
Definition: Verbindung, die hergestellt oder unterbrochen wird, wenn die Funktionseinheit in den betriebsbereiten Zustand oder Trennzustand gebracht wird

Form der inneren Unterteilung

Die typischen Anordnungen von inneren Unterteilungen durch Abdeckungen oder Trennwände stehen
oft auch im Zusammenhang mit der Einbautechnologie der Betriebsmittel. Einschub Ausführungen in W-
W-W bringen aufgrund der Konstruktionsweise, meist hochwertige Form der inneren Unterteilung mit
sich.


Applikationsbeispiele

Tabelle 1: Applikation für Einschübe

Anmerkung:
W-W-W Einschubtechnologien werden in MCC oder PCS Analgen eingesetzt. Für Steuer, Regel- oder
Messeinrichtungen wird der Einsatz einer Prüf-oder Teststellung empfohlen.
W-Ausführungen müssen über eine Betriebs- und Trennzustand verfügen

Tabelle 2: Applikation für herausnehmbare Teile

Anmerkung: Herausnehmbare Teile  bieten eine hohe Flexibilität der Anlage. Die schaltstellungbedingte Verriegelung bietet auch für Erweiterungen und Anpassungen im laufenden Betrieb die erforderliche Personensicherheit. 

Tabelle 3: Applikation für Festeinbau

Anmerkung: F-Technologien sind meist kompakt und kostengünstig. Die verschieden Technologien unterscheiden sich hauptsächlich im Anlagenaufbau und der Produktionszeit. Für Erweiterungen und Anpassungen im laufenden Betrieb sind diese jedoch ungeeignet.

Wir hoffen das dieser Beitrag bei der Umsetzung komplexerer Energieversorgungsanlagen hilft. Unser TIP Team der SIEMENS Schweiz AG unterstützt sie gerne bei der Konzeptionierung.

Kontakt TIP Siemens Schweiz AG: tip.support.ch@siemens.com


Autor

Sebastian Gerber Leiter Niederspannung Siemens Schweiz AG

Sebastian Gerber
BU Head | Leitung Niederspannung 

Siemens Schweiz AG
Smart Infrastructure
8047 Zürich, Schweiz

Schreibe einen Kommentar